Der Meister des Siebten Siegels by Johannes K. Soyener

Der Meister des Siebten Siegels by Johannes K. Soyener

Autor:Johannes K. Soyener
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783838715612
Herausgeber: Bastei Luebbe
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Samstag,

der 20. Juni

»Sir Adam«, sagte Cumberland gestern auf dem Schließfeld wohlwollend, »eine Nacht im Tower solltet Ihr Euch noch gönnen. Morgen früh, wenn Ihr ausgeruht seid – etwa gegen sieben Uhr -, lassen wir uns auf der Themse nach Chatham bringen. Das Boot wartet am Traitors’ Gate! Bis dahin wünsche ich Euch einen angenehmen Ausklang des Tages.« Damit wollte er sich eilig von mir und Owen verabschieden.

»Einen kleinen Moment noch, Lord George«, bremste ich seine Eile, »ich habe eine Bitte an Euch.«

Cumberlands gezupfte Augenbrauen hoben sich fragend.

»Mylord, ich möchte Thomas Orthmann nach Mayfield mitnehmen.«

»Orthmann?« wiederholte er überlegend. »Das hängt weniger von mir, sondern vielmehr von Owen ab«, antwortete er, als wollte er die Entscheidung allein Owen überlassen.

Ich blickte zu Samuel, dessen Atem schneller ging, als wäre er dieser Entscheidung nicht gewachsen. Offenbar erstaunt über sein langes Zögern, wendete sich Cumberland erneut an Owen:

»Werdet Ihr ihn vermissen?«

»Gewiß, Mylord. Ich trenne mich ungern von ihm.«

»Ihr sollt ihn nicht umsonst freigeben – versteht sich, natürlich in vernünftigen Grenzen. Also, auch er um sieben am Traitor’s Gate!« Damit drehte sich der Lord elegant um und entfernte sich eilig in Richtung Tower.

Der Abend verlief keineswegs angenehm ruhig. Kaum in Owens Gießerei angekommen sah sich Samuels Ehrgefühl verpflichtet, alles auf-und anzubieten, was einem besonderen Gast zur Verabschiedung zustehen mag. Ich hegte eher den Verdacht, daß er die Zeit nutzen wollte, um hinter den Qualitätsvorsprung meiner Falcons zu kommen. Was mich rettete, waren die Schließungszeiten des Towers. Die Nacht im Tower gönnte ich mir zwar keinesfalls freiwillig, da er offensichtlich der sichere Käfig in dieser Nacht für mich sein sollte. Aber was sein muß, muß sein.

Als ich meinen goldenen Käfig betrat, saß da ein schafsgesichtiger Mensch in wallender Soutane:

»Mein lieber Sohn!« hatte er mich begrüßt. »Ich bin Reverend Joseph Varnish. Sir Francis Walsingham hat mich geschickt, um deinen Übertritt zum wahren Glauben zu vollziehen.«

Zunächst einmal konnte ich damit überhaupt nichts anfangen, doch nach ein paar Sätzen wurde klar, daß Sir Francis offensichtlich der Meinung war, ich solle Mitglied der englischen Kirche werden. Ob er glaube, daß protestantisch gegossene Kanonen besser schießen als katholisch gegossene, wies ich den Reverend zurecht, und als der dann etwas vom wahren Wohlgefallen des Herrn »im Himmel« brabbelte, machte ich ihm klar, daß eben dieses wahre Wohlgefallen des Herrn »im Himmel« dann eher den katholischen als den protestantischen Geschützgießern gelte, wenn man die Ergebnisse von heute nachmittag in Rechnung ziehe. England könne sich also glücklich preisen, daß es einen katholischen Gießer habe! Im übrigen möge er Sir Francis ausrichten, daß mein Glaube nichts mit meiner Arbeit zu tun habe; ich sei katholisch und bliebe katholisch und damit Schluß!

George Clifford meinte zwar auch, mein Glaube ginge eigentlich niemanden etwas an, gab aber zu bedenken, daß die Königin eben, so wie die Dinge politisch nun einmal lägen, einem Protestanten mehr vertraue als einem Katholiken.

»Sie wird schon lernen, meinen Kanonen zu vertrauen!« hatte ich geantwortet und das Thema damit beendet.

Anschließend hatte ich endlich Zeit alle persönlichen Dinge zu ordnen. Meine Papiere waren zum Glück weder auf dem Schiff feucht geworden, noch hatte ich dem Ungeziefer Gelegenheit gegeben, sie anzuknabbern.



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